Robert Streibel

Zwei Hürden genommen – eine bleibt

Der Sammelband ≥Das Deutsche Gedicht„ von Wulf Segebrecht

Kurzbesprechung von Robert Streibel für das Literarische Forum

Das Deutsche Gedicht heißt der Sammelband von Wulf Segebrecht zusammengestellt. Eine dreifache Hürde. Deutsch, ein Sammelband und dann noch Gedichte. Wie liest man so ein Buch?

Ist ein Band mit Lyrik eines Autors schon eine Herausforderung, aber dann noch ein Sammelband mit mehreren hundert Gedichten, alleine das Inhaltsverzeichnis der Gedichtanfänge umfasst nahezu 30 Seiten. Das entscheidende Wort ist jedoch bereits gefallen: Herausforderung.
Die Geschichte eines Landes zu lesen ist eine Sache, doch die Möglichkeit unter der Oberfläche zu sehen und die Tiefenstruktur von Einstellungen erfahren zu können, dass ist eine Besonderheit. Und dies ermglicht Lyrik. In diesem Fall bietet es sich einfach an, das Buch parallel zu lesen, die Gedichte um im Anschluss dazu die Eckdaten der Autoren und die Zeit, in der sie lebten zu erfragen.

Aus dem Mittelalter sich langsam vorzuarbeiten bis in die Gegenwart: So viel Natur, soviel Liebe und überzeitlich anatomische Schnitte, die Eitelkeit und Selbstsucht, aber auch Ungerechtigkeit bloßlegen. ≥Gedichte sind dann lebend, wenn sie ihren Lesern frisch wie am ersten Tag doch zugleich geheimnisvoll und rätselhaft erscheinen„, schreibt Segebrecht, der Professor für Neuere deutsche Literatur an der Universität Bamberg war. Viele neue Geistesverwandte wird der Leser finden und die Zeit ist sehr oft den Kunstwerken nicht anzumerken.

Zwei Hürden sind somit genommen. Bleibt eine dritte. Das Eigenschaftswort Deutsch, bleibt sperrig. Natürlich haben auch die Österreichischen Autoren Deutsch geschrieben. Doch unter dem ≥Deutschen Gedicht„ Friederike Mayröcker, Ernst Jandl oder Ingeborg Bachmann zu finden, das ist hart. Diese Hürde bleibt. Ganz will es sich nicht fügen. Wie dieser Sammelband anders zu benennen wäre?
Nicht für alles muss es gleich eine Lösung geben. Doch diese Hürde als Hindernis benannt zu haben, regt vielleicht zum Nachdenken an.

Das Deutsche Gedicht Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Wulf Segebrecht (Hg) S. Fischer Verlag Hamburg 2005; 702 Seiten.


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