Robert Streibel

Der Traum von einer Leberkässemmel und einer Gedenktafel

Ein Besuch bei Dr. Siegmund Ekstein in Ramat Gan, Israel

Robert Streibel

Vor einem Jahr wäre Siegmund Ekstein fast gestorben, ein Schlaganfall mit 93 Jahren ist kein Kinderspiel. Beim Intelligenztest wie schwer sein Gehirn mitgenommen ist, stellten die Ärzte fest, dass er 100% seines Englisch verloren hat, 20% seiner Fähigkeit Deutsch zu sprechen und 60% des Hebräisch nicht mehr vorhanden sind. ≥Aber Hebräisch habe ich nie so richtig gelernt, da sind 60% Prozent noch zu viel und gut dass sie mein Französisch nicht geprüft haben„. Von seinem Wiener Witz hat Dr. Ekstein Null Prozent eingebüßt und von Wien träumt er noch immer, von der Rotenturmstraße und dem Lugeck und von einer Leberkässemmel.

In Israel ist er nie so richtig heimisch geworden, ≥daham bin i woanders. Ich bin ein gebürtiger Sozialdemokrat und Jude und daran wird sich nichts ändern.„ Auf eine Karriere im britischen Militär hat er verzichtet ˆ nach seiner Arbeit als Bombenentschärfer, die Monsterbombe, die den Suezkanal zerstören sollte, hat er entschärft und als Militärpolizist im Dodekanes. Bei einem weiteren Schritt auf der Karriereleiter hat man ihm nahegelegt bei Religion einfach Anglikanisch auszufüllen. ≥Der Hitler hat es nicht geschafft mir mein Judentum zu nehmen, so werde ich es jetzt nicht freiwillig tun.„

Vor wenigen Wochen hat Siegmund Ekstein Post bekommen, ein Brief vom Nationalfonds in dem sein ≥Claim„ von drei Professoren bestätigt wurde. Er hat nie eine Abfertigung bekommen und sein Dienstauto ein Steyrer Baby hat die SA enteignet, auf einem Zettel wurde ihm das sogar bestätigt. Jetzt ist Dr. Ekstein gespannt, ob er die Auszahlung noch erleben wird. Im Anne Kohn Elternheim in Ramat Gan lebt er. Im Zimmer kann er sich mit seinem Rolator noch bewegen. Zum Glück hat er eine private Krankenversicherung abgeschlossen und so kann er sich für eineinhalb Jahre noch eine Hilfe am Vormittag leisten, die ihm in der Früh aus dem Bett hilft, ihn wäscht und anzieht. Was dann ist, weiß er nicht.

Trotzdem hat Dr. Ekstein Geld zur Seite gelegt, nicht viel, aber an die 2000 Euro sind es. Mit diesem Geld will er eine Erinnerungstafel an seine Eltern an einem geeigneten Ort anbringen. In Riga im Wald von Rumbula steht seit September dieses Jahres eine Tafel, die die Volkshochschule Hietzing im Rahmen des Projektes ≥Juden in Hietzing„ dort angebracht hat. Dort wurden seine Eltern erschossen. Eine Erinnerung am Platz wo seine Eltern gelebt haben. ≥Das wird es nicht geben. Als ich die Wohnung vor einigen Jahren besuchen wollte, da hat die alte Frau die ihm geöffnet hat viel geredet, aber hineingelassen hat sie ihn nicht. ≥Es war ein Schock für mich, ich bin hinuntergelaufen sofort zum Südbahnhof gefahren und in den Zug nach Rom gestiegen und nach Israel zurückgeflogen„. Dass am Haus eine Tafel angebracht werden könnte kann er sich nicht vorstellen.„ Ist es ein voreiliges Versprechen dass ich ihm gegeben habe. Wien hat sich doch ein wenig verändert und an einem Gemeindebau wird dass doch möglich sein.


Categorised as: Artikel