Robert Streibel

Der lange Atem der Gerechtigkeit

Leserbreif für die NÖN, 3.11.2014

Wieder ist ein halbes Jahrzehnt vergangen und nichts ist passiert. Im Jahr 2009 wurde ein Gesetz beschlossen, das Deserteure der Deutschen Wehrmacht nicht weiter diskriminierte. Mehr als ein Dutzend Menschen hatten für die Kremser Deserteure Gedenktafeln aufgestellt, die Stadt entfernte diese und drohte mit Strafen.  In Wien wurde vor kurzem das erste Denkmal für Deserteure errichtet. Ein Denkmal in Österreich muss doch genügen. In diesen Tagen wird wieder der Toten gedacht, wenn Reden gehalten werden, dann ist sicherlich das „Nicht vergessen“ und „Aus der Geschichte lernen“ zu hören. Solange wir nicht wissen was war, können wir auch nichts vergessen und schon gar nichts lernen.
Um es klar zu sagen weder die Deserteure werden geehrt noch ist die Geschichte der Großväter aufgearbeitet, wo in welchen Einheiten der Deutschen Wehrmacht sie gedient, gekämpft und gestorben sind, auch ihre Geschichte wird so missachtet. Auch den Widerstandskämpfern gegen den Nationalsozialismus geht es da nicht besser. Die Gerechtigkeit braucht wohl einen langen Atem. Dass der Bürgermeister eine Initiative gesetzt hat, damit auch Jugendliche in Fachbereichsarbeiten sich mit der Geschichte auseinandersetzen können (Präsentation 12.11.) und das Buch Krems 1938-1945 am 6. 11. offiziell vorstellt ist ein hoffnungsvolles Zeichen. Es hat 50 Jahre gebraucht bis die Stadt der Opfer des Massakers im Zuchthaus Stein vom 6. April 1945 gedachte. Die Ungeduld bleibt. Zu lange wurde verdrängt, vergessen und auf die lange Bank geschoben. Ein historischer Reformstau.

Dr. Robert Streibel, Historiker

 


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