„Ich kann nicht hassen“, meinte Angela Rohr


Radio kann ihr Leben verändern. Das Radio ist in der Zwischenzeit mehr 100 Jahre alt. Das Radio kann aber auch Aufgaben stellen, die Menschen über längere Zeit beschäftigen können. Die Sendung über die Dichterin und GULAG Überlebende Angela Rohr in Ö1 „Bohémienne, Genossin und Zeugin des Grauens“ von Sabrina Adlbrecht hat mich so beschäftigt, dass in den letzten zwei Jahren Angela Rohr zu einem meiner Fixpunkte geworden ist. Nicht nur die Lebensgeschichte, sondern auch die Tatsache, dass sie auch kurz Schwarzwaldschülerin war, waren für mich Grund genug mich mit ihr zu beschäftigen, eine Ausstellung zu gestalten und einen Kurzfilm mit David Buchas herzustellen.

Auf dem Weg zu Angela Rohr, die bereits 1985 in Moskau gestorben ist, sind mir viele Personen begegnet, deren Bekanntschaft ich nicht missen will.
Da wäre Hans Marte, der ehemalige Kulturrat der österreichischen Botschaft in den 1980er Jahren in Moskau, da ist die Berliner Germanistin Gesine Bey, die zu Angela Rohr geforscht hat und die Werke von Angela Rohr herausgegeben hat, da ist Heinz Lunzer, der über den Umweg von Josef Roth auf Angela Rohr stieß, da ist Rosmarie Herzog, die jetzt in Salzburg lebt und während ihrer Tätigkeit in Moskau Angela Rohr regelmäßig besucht hat, da ist Mira Rosenkranz, die als Frau des Botschaftsattachés in Moskau nach der Abreise von Hans Marte aus Moskau Angela Rohr regelmäßig besucht hat und da ist nicht zuletzt Isabella Ackerl, die als erste die Lebenserinnerungen von Angela Rohr herausgegeben hat, die erst vier Jahre nach dem Tod von Rohr 1989 erschienen sind und die ZEIT-Journalistin Simone Brunner.

Ziel meiner Beschäftigung mit Angela Rohr war die Gestaltung einer Ausstellung, um ihr abenteuerliches Leben bekannter zu machen und weil Straflager leider bis heute in Russland auf der Tagesordnung stehen.
Während die Geschichte der Stalin-Opfer ist nur unzureichend dokumentiert ist, liefert Putin Stoff für neue Menschenschicksale in Lagern.

Die Ausstellung zu Angela Rohr

Ein Indiz ist vielleicht, wenn die Ausstellung nicht nur an einem Platz gezeigt wird, sondern wandert. Nach der VHS Hietzing im November 2024, ist die Schau in der VHS Meidling zu sehen und im Juni 2025 im Institut für Slawistik der Universität Wien.
Wenn im Zuge einer Ausstellung ein als verschollen gegoltener Text auftaucht, so ist das ein Glückfall. Auch von einem seltenen Ereignis kann im Zusammenhang mit Angela Rohr berichtet werden. Mira Rosenkranz hat zu Weihnachten 1983 von Angela Rohr die Erzählung „Eine Tat“ ausgehändigt bekommen.

In einem Gespräch hatte die Autorin gemeint, vielleicht würde die Jugendlichen, die zu einem kleinen Neujahrsempfang in die Botschaft kommen würden diese Erzählung interessieren, in der ein Mädchen ihre Angst überwindet. Wir sind Mitte der 1980 Jahre, noch weiß niemand, wie lange die Nachkriegsordnung mit den beiden Blöcken existieren wird.?

Wer hätte damals gedacht, dass in nicht einmal einem Jahrzehnt die Berliner Mauer fallen würde. Menschen, die keine Angst mehr hatten haben dabei eine Rolle gespielt. Mira Rosenkranz hat die Erzählung gut aufgehoben und wie es sich eben so zuträgt, nicht vergessen, aber es hatte sich keine Gelegenheit ergeben, diese Erzählung weiterzugeben. Dass die Ausstellung über Angela Rohr diese Gelegenheit war, freut mich.

Und zu guter Letzt hat im Februar 2025 noch die deutsche Wochenzeitung „Die Zeit“ über Angela Rohr geschrieben und passend zum Rilke Jahr getitelt: „Rilke war ihr Fan“.

Gerne wird die Ausstellung „Um nicht ganz abzubröckeln vom Bau der Menschheit“ über die Dichterin, Ärztin und Überlebende des Gulags“ auch weiterverliehen. 10 Tafeln 50 x 70 cm, Leichtschaumplatten.
Anfragen bei Robert Streibel, r.streibel@utanet.at.