Die Osers als Tor zu einer anderen Welt


Die Kremser Buddenbrooks

Seit acht Monaten lebe ich im 19. Jahrhundert in Krems. Es hat etwas gedauert, bis ich mich mit der Geographie zurechtgefunden habe, denn damals gab es noch keine Ringstraße und die Gartenau war ein Vorort und dort stand noch das Hölltor. Dort bin ich jetzt zu Hause und von dort bin ich zu meinen Erkundungen aufgebrochen, um Klarheit über die Familiengeschichte der Familie Oser zu bekommen.

Josef Oser betrieb die Mühle beim Hölltor Mitte des 19. Jahrhunderts, später produzierte er Mühlsteine, sein Sohn baute eine Maschinenfabrik aus und ein Teil der Familie startete einen Produktenhandel und waren späterer Folge die Kohlen-Oser.


In der Zwischenzeit kann ich die einzelnen Oser auseinanderhalten, denn viele hießen Josef oder eben Ferdinand. Ich habe mir zu helfen gewusst. Josef Oser, der Menschenfreund, Josef Oser und seine Maschinenfabrik, Ferdinand Oser der Produktenhändler, Ludwig Oser der Rosenzüchter, Norbert Oser, der Techniker und Josef Oser der Kunstsammler und Ferry der Lebemann.
Eine faszinierende Familie, politisch engagiert, um das Gemeinwohl bemüht, Deutsch gesinnt, Anhänger von Georg Ritter von Schönerer. Im NSDAP Erfassungsantrag für den Kohlenhändler und Kunstsammler Josef Oser 1938 steht „deutsch arische Sippe seit 1685 in Krems nachweisbar“.

Auf dem Weg zur Rekonstruktion der Familiengeschichte habe ich vieles kennengelernt: Nebelbilder, die Diskussion über Kinderbewahranstalt versus Kindergarten, den Aufbau der Feuerwehr. Ich habe gelernt, dass österreichische Mühlsteine den französischen ebenbürtig sind, es eine Bekanntschaft zwischen Baron Wertheim und Josef Oser gab, und dass Josef Oser ein beheizbares Donauschwimmbad betrieb.

Vieles geht auf die Osers zurück die erste Kremser Landesausstellung und auch das 1. Deutsch österreichische Sängerfest, letzteres war sogar eine Premiere für ganz Österreich. An der Gründung des Kremser Museum waren die Osers beteiligt und im Jahr 1893 konnten die Arbeiter der Maschinenfabrik Oser den ganzen Tag den 1. Mai feiern. Die ersten Pontons aus Aluminium für das Militär der öst.-ungar. Monarchie kamen aus dieser Werkstatt, ebenso unzählige kleine und große Turbinen. Und nicht zuletzt waren fast alle Osers die Kunst wichtig und dass Martin Johann Schmidt, der Kremser Schmidt, nicht in Vergessenheit gerät ist unter anderem Josef Oser zu verdanken.

Bei so viel Geschichte ist es auch nicht verwunderlich, dass es auch Verbindungen zu den Buddenbrooks von Thomas Mann gibt. Familie Oser; Die Kremser Buddenbrooks. Das ist unglaublich, aber wahr.

Über sachdienliche Hinweise zur Familie Oser freut sich der Historiker.