Robert Streibel

Die Stalin-Tafel in Wien ist eine einmalige Chance?

Eine Anregung, warum ein Zusatztext nicht notwendig ist.

Robert Streibel
Wir haben Glück, dass wir in Wien noch eine Tafel für Stalin (Schönnbrunner Schloss Straße 30) haben. Dieses steinerne Gedenken im Halbrelief als Chance zu sehen, blieb in der Debatte bislang ungesagt. Nicht das ich falsch verstanden werde. Ich plädiere nicht dafür, im Sinne von ≥Das große Herz schlägt nicht mehrΣ Die Welt hat den größten Mann des Zeitalters, die Völker haben den treuesten Verteidiger ihrer Interessen, wir Kommunisten haben den geliebten Lehrer und Freund verloren.„ So formulierte das Zentralkomitee der KPÖ in Form eines Gebetes zum Tode Stalins.

Die Erinnerung an Stalin sollte eine wirklich Chance sein, nicht eine für Provinz-Politiker, die ihre Entfernung verlangen und damit bloß einen Reflex auslösen, der für die Sache nicht sinnvoll ist.

Zusatztexte sind eine Form der Möglichkeit im Sinne von ≥Wasch mich, aber mach mich nicht nass„ Entweder Humor oder Satire oder mörderischer Ernst muss es daher heißen. Zu ersterem werden wir uns nicht aufraffen können, das ist auch gar nicht notwendig, denn die Tafel für Stalin bietet eine einmalige Chance, endlich der Österreichischen Opfer Stalins zu gedenken. Über einen Bildschirm laufen die Namen und Kurzbiographien der Österreichischen Opfer des Stalinismus Zwischen 600 und 1800 Opfer sind es wohl gewesen. Politische und wirtschaftliche Emigranten, Angehörigen der k.u.k.Armee, die in russische Kriegsgefangenschaft gerieten und in der UdSSR blieben, Personen, die die österreichische Staatsbürgerschaft zurücklegten und die sowjetische annahmen, was meistens auf Druck der Sowjetbehörden passierte, jüdische Flüchtling, die teilweise Zuflucht in Polen gesucht hatten und zur Zeit des Hitler-Stalin Pakts 1939 über die deutsch-sowjetische Demarkationslinie in Ostpolen in die sowjetische Zone vertrieben wurden, das sind verschleppte und erschossene Österreicher der Besatzungszeit.

Zeitgeschichte vor Ort, nicht im Museum, sondern im Alltag präsent. Keine Zwangsverpflichtung, aber ein Angebot für alle die lesen können und wollen. Wenn die Erinnerungstafel für Stalin einen Sinn hat, dann jenen einen öffentlichen Ort zu markieren, der Opfer zu markieren.


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